Warum wird THE HATE U GIVE so wenig im Kino gezeigt?

Hallo liebe LeserInnen,

„The Hate U Give“ ist aktuell in aller Munde. Jedoch nicht, weil alle den Film gesehen haben, sondern weil sie ihn eben NICHT gesehen haben. Denn in Deutschland läuft der Film nur in wenigen Kinos. Oftmals heißt das, dass man Fahrten mit bis zu 3 Stunden auf sich nehmen müsste, um „The Hate U Give“ zu sehen. Das stößt natürlich auf Unverständnis in der Community, denn der No. 1 NY-Times Bestseller wurde auch in Deutschland stark gefeiert. Hierzulande konnte man den Kinostart des Buches kaum abwarten. Zumindest in der Buchbranche.

Angie Thomas hat eine bewegende Geschichte über Rassismus in Amerika geschrieben. Die Ausgangssituation: ein weißer Polizist erschießt einen unbewaffneten schwarzen Jungen bei einer nächtlichen Kontrollfahrt mitten auf offener Straße.
Das Buch ist mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und auch in Amerika hielt sich der Roman 50 (!) Wochen in der NY-Times Bestsellerliste. Das Werk wurde also in Deutschland und den USA durchweg positiv aufgenommen.

Warum also wird der Film dann nur so wenig gezeigt?

Dafür müssen wir ein Sprung ins Jahr 2018 machen und uns die Zahlen angucken.
Der Film feierte am 07.09.2018 seine Weltpremiere beim Filmfestival in Toronto. Erst am 05.10.2018 kam er in die amerikanischen Kinos.

In seiner ersten Woche spielte der Film 700 Tsd USD ein – in erstmal nur 36 (!) Kinos!
In Woche 2 lief der Film in 248 Kinos und spielte 2,5 Mio USD ein. „The Hate U Give“ scheint ein voller Erfolg zu werden. In der 3. Woche zeigte Amerika den Film in 2.303 Kinos und machte einen Umsatz von über 10 Millionen USD. Der Film rutsche hoch auf Platz 6 der Kinocharts. Als in Woche 4 der Film in 2.375 Kinos zu sehen war, gingen die Ticketverkäufe zurück – nur noch 6,8 Mio USD. Auch in den folgenden Wochen gingen der Umsatz und die Besucherzahlen drastisch zurück. Dementsprechend wurde der Film in immer weniger Kinos gezeigt, bis er schließlich am 17.01.2019 ganz aus den Lichtspielhäusern entfernt wurde nach nur 15 Wochen – im Vergleich: „Black Panther“ lief 25 Wochen im Kino. (wer sich die genauen Zahlen ansehen möchte: hier)

In Amerika spielte der Film also vom 05.10.2018 bis 17.01.2019 nur 29,7 Mio USD ein und weltweit bisher nicht mal ganze 35 Mio USD. Dabei lagen die Produktionskosten bei 23 Mio USD. Auf rottentomatoes.com bekam der Film eine 97%ige Empfehlung der Jury und 81% der User haben ihn als gut befunden.

Wieso gingen die Umsätze also so drastisch zurück?

Es gibt keine hundertprozentige Erklärung. Keiner weiß es, deswegen sind auch das von mir alles nur Spekulationen, die ich aber mit Fakten stützen kann. Ich habe mir nämlich angesehen, welche weiteren Filme von Oktober bis Dezember in Amerika ihren Release hatten.

Im Oktober konnten die Zuschauer zwischen folgenden Filmen wählen:

  • „A Star Is Born“ mit Lady Gaga, welcher auf Platz 11 der erfolgreichsten Kinofilme 2018 in den USA sprang. Er erzielt bisher 214 Mio USD bei Produktionskosten von nur 36 Mio USD. Weltweit sind es sogar 432 Mio USD und der Film läuft immer noch in Amerika.
  • „Venom“ aus dem Hause Marvel ist ein düsterer Film, der perfekt in die Oktoberzeit mit dem groß gefeierten Fest „Halloween“ passt. Mit zwar 100 Mio USD Produktionskosten spielte der Film 213 Mio USD (nur in den USA) ein, auch wenn er nur 16 Wochen lief. Platz 13 der erfolgreichsten Filme 2018.
  • Selbst „Halloween“, der nur 11 Wochen ausgestrahlt wurde, erreichte mit seinen starken Anfangswochen 159 Mio USD (Nur USA)  bei nur 10 (!) Mio USD Produktionskosten. Platz 21.
  • „Goosebumps“ 2 – Die Fortsetzung floppte und schaffte trotzdem den Sprung auf Platz 63 mit 46 Mio USD (in 10 Wochen) und weltweiten insgesamt 93 Mio USD.
  • „First Man“ landete nur auf Platz 66 der erfolgreichsten Filme 2018 mit 44 Mio USD, aber 105 Mio USD weltweit. Produktionskosten: 59 Mio USD

Im November und Dezember warten auch starke Konkurrenten:

  • „Dr. Seuss Grinch“: Platz 7 mit 270 Mio USD in Amerika
  • „Bohemian Rhapsody“: Platz 10 mit 215 Mio USD in Amerika
  • „Fantastic Beasts“ 2: Platz 20 mit 159 Mio USD in Amerika
  • „Ralph Breaks The Internet“: Platz 14 mit 200 Mio USD in Amerika
  • „Aquaman“: Platz 5 mit 334 Mio USD in Amerika
  • „Mary Poppins“: Platz 18 mit 171 Mio USD in Amerika
  • „Spider Man“: Platz 15 mit 189 Mio USD in Amerika
  • „Bumblebee“: Platz 25 mit 127 Mio USD in Amerika

Zum Vergleich: „The Hate U Give“ ist auf Platz 93 der erfolgreichsten Filme 2018 in Amerika und lief 15 Wochen im Kino.

Quelle zum selber nachlesen: hier.

Behauptung: Der Film lief nur 15 Wochen in den Kinos – ihm wurde gar keine Chance gegeben. Marvel Filme bekommen über 20 Wochen!
–> Das ist nicht richtig. Meiner Einschätzung nach, wurden dem Film sogar immer wieder Chancen gegeben sich zu beweisen. Denn trotz der schlechten Zahlen, wurde der Film weiter gezeigt. Wenn man bedenkt, dass trotz der nicht ganz so guten Einstiegswochen, wenigstens die Produktionskosten wieder reingeholt werden wollten.

Behauptung: Der Film wurde in der ersten Woche in zu wenig Sälen gezeigt, weswegen die Kinogänger den Film nicht auf den Schirm hatten.
–> Glaube ich eher nicht. Der Film wurde anfangs zwar nur in 36 Kinos gezeigt, konnte aber dann einen starken Anlauf auf bis zu 10 Mio USD verbuchen. Außerdem wurde der im November erschienene Film „Green Book“ zum Release an nur 25 Standorten gezeigt und läuft seit November super stabil. Bisher hat der Film schon über 80 Mio USD in den USA generieren können – weltweit sogar knapp 245 Mio USD. Hier lagen die Produktionskosten ebenfalls nur bei 23 Mio USD.

Ist „The Hate U Give“ also schlecht?

Ohne ihn gesehen zu haben: Nein, das glaube ich nicht. Der Film hat ausschließlich positive Kritiken bekommen, egal, auf welcher Website ich geguckt habe. Jeder ist begeistert und könnte sich das gut als Teil des Geschichtsunterricht vorstellen.
Außerdem habe ich von Freunden gelesen, die in dem Film waren, dass sie ihn fantastisch fanden und sie wünschten, er würde in mehr Kinos laufen. Jedoch sind das meistens die, die auch das Buch gelesen haben. Und dann kommen wir auch schon zu meiner Schlussfolgerung.

Ersteinmal glaube ich, dass mehrere Faktoren in den Misserfolg reingespielt haben. Bücher und Filme funktionieren komplett unterschiedlich. Filme haben werden von einer breiteren Masse an Menschen gesehen, weswegen man hier auf anderer Linie überzeugen muss, als in einem Buch. Vielleicht ist Amerika immer noch nicht bereit ist, offen mit der Problematik Schwarze und Weiße umzugehen. Beziehungsweise wollen vielleicht viele das auch nicht (ein)sehen wollen und deswegen auch den Film nicht gucken und sich „angegriffen“ gefühlt haben. Genauso wie wohl knapp die Hälfte der Amerikaner nicht einsehen wollen, dass schärfere Waffengesetze eher zu weniger Amokläufen führen als mehr Waffen.
Dann kam der Film fast zeitgleich mit starken Konkurrenten raus, die viel mehr beworben wurden, als „The Hate U Give“. Denken wir doch einfach an: „Venom“, „Aquaman“ und „Fantastic Beasts“. Hinter diesen Produktion steckt wahnsinnig viel Marketing. Zudem kommt noch hinzu, dass Halloween im Oktober in Amerika groß gefeiert wird und da natürlich die Filme „Venom“ und „Halloween“ perfekt passen und dafür das Geld ausgibt. Ein Kinobesuch soll fast genauso teuer sein, wie in Deutschland.

Auch im europäischen Ausland lief der Film nicht so gut. Im United Kingdom wurde der Film nur 2 Wochen gespielt, wo er insgesamt nur 1,5 Mio USD einspielte. Im Vergleich „Bohemian Rhapsody“, welcher zeitgleich startete, läuft immer noch und hat bisher knappe 70 Mio USD Dollar eingebracht. Hier ist die Liste, wie er im europäischen Ausland läuft.

Aufgrund der schlechten Zahlen zeigt ihn Deutschland nicht überall, um erstmal zu sehen, wie er hierzulande anläuft. Denn jede Filmrolle kostet Geld.
Von einer Person, die selbst im Kino arbeitet habe ich folgende Erklärung:

„Also der Verleih kriegt knapp 60% des Eintrittspreises und bestimmt auch meistens, wie oft der Film im Programm laufen darf/soll. Bei uns im Kino siehts so aus, dass wir am WE die Filmplanung machen und am Montag guckt immer der Verleih drüber und sagt unserer Disponenten (die Person, die für die Filmplanung zuständig ist), ob das OK ist. Hierfür ist es wichtig, dass z.B. Filme wie Sex and the City im größten Saal laufen müssen – größerer Saal = mehr Einnahmen.

Wieviel die Verleihgebühr genau beträgt, ändert sich von Film zu Film. Kleinere Filme haben natürlich nicht so eine hohe Verleihgebühr, wie die großen Blockbuster. Bestes Beispiel hierfür: „Der Schuh des Manitu“. Niemand hat damals mit so einem Erfolg gerechnet und die Verleihgebühr war nicht so hoch. Deswegen konnte der Film auch so lange in den Kinos laufen. Kleinere Kinos nehmen z.B. Blockbuster erst später ins Programm, weil die Gebühr am Anfang zu hoch ist. Deswegen warten sie lieber ein paar Wochen ab, um sich den Film leisten zu können.
Wenn ein Kino von einem Film 2 Kopien besitzt, muss man auch für beide Kopien die Gebühr bezahlen.
Wo z.B. „Sin City“ boykottiert wurde, waren die Verleihgebühren zu hoch. Hinzu kam noch, dass der Verleih wollte, dass die DVD nach wenigen Monaten (5 um genauer zu sein) auf den Markt kommen sollte und das war den Kinos zuviel und man hat dankend abgelehnt. Erst wo die Gebühren gesenkt wurden, kam der Film in die Kinos.

Fakt ist, dass der Verleih fast immer das letzte Wort hat und den meisten Einfluss auf die Kinos hat. So eine Filmplanung ist eine verdammt schwere Angelegenheit, weil man sich auf soviele Verleihauflagen halten muss. Liegt also nicht am Kino, wenn mal ein Film nicht in eurem Stammkino läuft. Bei wenigen Kopien, bestimmt natürlich der Verleih, wo der Film laufen soll und wo nicht.“

Bisher gibt es leider noch keine Zahlen zu den Kinobesuchern in Deutschland, da der Film erst am 28.02.2019 erschienen ist.

Wie schaffen wir es, dass der Film häufiger in Deutschland gezeigt wird?

Ganz einfach: in die Kinos gehen. Geht in den Film und wenn er noch so weit weg ist. Fahrt zusammen mit Freunden und macht daraus einen Tagesausflug, wenn ihr ein Weilchen fahren müsst. Den Kinosbetreibern muss gezeigt werden, dass Publikum da ist und das das Publikum auch von weiter weg anreisen würde, um den Film zu sehen. Gebt den Kinos Feedback, dass ihr den Film toll fandet. Auch gerne online! Schreibt in den Social Medias, wie wichtig und toll der Film ist. Schreibt den Kinos, in denen er nicht läuft, dass sie ihn zeigen sollten, weil IHR ihn sehen wollt. Solltet ihr aus unterschiedlichen Gründen nicht in Kino gehen können, schreibt den Kinos, dass ihr den Film unbedingt sehen wollt, ihr aber zu den gezeigten Uhrzeiten den Film nicht sehen könnt.
Ganz wichtig dabei ist, dass man die Kinos nicht anflaumt, warum, wieso, weshalb sie „The Hate U Give“ nicht zeigen, sondern sie darin bestärken, dass es super wäre, wenn sie es in ihr Programm aufnehmen würden.
Denn je mehr solcher Nachrichten die Kinos bekommen, desto eher lässt sich etwas bewegen. Wenn die Kinos merken, okay, die Nachfrage ist da, werden mehr den Film mieten und dies an die Verleiher weitergeben.

Vielleicht schafft der Film in Deutschland ja noch seinen Durchbruch, denn gefragt ist er aufjedenfall. In einem Kino in Köln „Rex am Ring“ hing dieses Schild aus, welches Jasmin Zipperling abfotografiert hat. Der kleine Kinosaal war voll besetzt.

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(c) Jasmin Zipperling

Checkliste:

  1. ins Kino gehen
  2. Feedback via Internet und oder persönlich da lassen
  3. Feedback in den Social Medias teilen
  4. Kinos anschreiben
  5. Freunden, Bekannten, Verwandten von dem super Film erzählen
  6. nochmal in den Film gehen

Ich hoffe, ich konnte euch nun etwas mehr Hintergründe aufzeigen und ihr könnt die ganze Problematik mit den Kinofilmen besser nachvollziehen. Lasst uns den Film in Deutschland aufleben!
Falls ihr mehr Infos habt, gerne her damit!

Liebste Grüße

xoxo Vera

weitere Quellen:
box office yearly
movieinfos
insidekino

9 Gedanken zu “Warum wird THE HATE U GIVE so wenig im Kino gezeigt?

  1. Ich habe weder das Buch gelesen, noch den Film gesehen, was mich zu einer völlig unqualifizierten Meinung befähigt. 😉

    Ich denke, zum Einen verhindert das schwierige Thema – insbesondere in den USA – einen größeren Erfolg, das erwähntest Du ja auch. Ein Buch zu der Schwarz-Weiß-Problematik online auf seinen Reader zu holen, ist einfacher, als ins Kino zu gehen, wo man ja schlimmstenfalls noch gesehen werden könnte – überspitzt formuliert.

    Ein weiteres Beispiel wäre „BlacKkKlansman“, der es in der Liste der erfolgreichsten Filme 2018 zwar immerhin – ausgestattet mit einem Alibi-Oscar – auf Platz 56 schafft, mit einem Einspielergebnis von 89 Mio. Dollar, dessen Thema aber möglicherweise ebenfalls ein noch besseres Einspielergebnis verhindert.

    Darüber hinaus zielte wohl zumindest das Buch auf eine jüngere Leserschaft ab und wenn man das 1:1 auf den Film überträgt, dann hat der eben auch eine recht begrenzte Zielgruppe.

    • Interessanter Standpunkt zu dem Buch und Kino. Da hast du natürlich recht! Bei den anderen Filmen würde ich mich tatsächlich nochmal genauer informieren wollen. Bei BlackkKlansmann habe ich keine Ahnung von der Story oder ähnlichen. : )

  2. Hallo Vera,

    interessante These und nachvollziehbar. Umgekehrt was mit der US Version von Honig im Kopf, lief in wenigen Kinos, ist zwar gut angekommen, wurde trotzdem nicht ausgeweitet

    Gruß Conny

  3. Darf ich ein paar Informationen besteuern? Ich bin Kinobetreiber (und hatte The Hate U Give im Programm). Einiges von dem, was Du schreibst, ist nicht ganz richtig bzw. ist so nur auf die Situation in den USA zutreffend, die von den Gegebenheiten in Deutschland in manchen Punkten abweicht:

    – Dass der Film in den USA in nur 36 Kinos gestartet ist, sagt nichts über seine Qualität aus. In den USA gibt es für viele Filme „Platform Releases“ in sehr wenigen sehr großen Kinos in den großen Städten. Der Verleih konzentriert sein Marketing auf diese wenigen Locations und testet so auch, wie gut ein Film ankommt. In den Wochen darauf kommt dann der „Wide Release“ in vielen Städten. Dass der Umsatz nicht analog der Zahl der Spielstätten ansteigt, heißt also erst mal gar nichts – dass der Film in der dritten Woche, wenn er in jeder Kleinstadt läuft, nicht so viel pro Kopie einspielt wie in der Startwoche beim Plattform-Start, ist ja klar. Ein Start mit über 2.000 Leinwänden ist jedenfalls ein eher großer Start – „Bohemian Rhapsody“ (der ein viel „größerer“ Film ist) ist mit 4.000 Kopien gestartet, in dem Fall gleich „Wide“.

    – Die Aussage, dass ein Film soundsoviel Wochen in den Kinos ist, ist relativ sinnlos. Natürlich läuft ein Film auch nach vielen Wochen immer noch irgendwo, aber entscheidend ist, wie viele Kinos ihn lang und zu guten Spielzeiten im Programm behalten. Dazu kann weder in den USA noch in Deutschland der Verleih die Kinos zwingen – ein Film, den niemand (mehr) sehen will, fliegt raus. Gleichzeitig ist der Markt in den USA natürlich wesentlich weniger divers und wesentlich mehr auf die Blockbuster konzentriert als in Deutschland. Und die Leihmieten sind in den USA zum Start noch viel höher als bei uns – ein Kino verdient in der Regel erst Geld, wenn es den Film lang zeigt und dann die Leihmietensätze sinken. 15 Wochen sind jedenfalls eine lange Zeit, und die Zahlen sind völlig im üblichen Bereich für einen mittelgroßen Film.

    – Die Aussagen der „Person, die im Kino arbeitet“ sind ziemlich falsch bzw. wohl eher Hörensagen als wirklicher Einblick in die Gepflogenheiten, oder auch sehr veraltet. Natürlich macht der Verleiher Vorgaben, wie ein Film eingesetzt werden soll und legt auch z.B. eine Mindestlaufzeit fest (in der Regel 3 oder 4 Wochen) – er kann aber nicht bestimmen, was das Kino danach macht. Auch wenn die Leihmieten immer weiter steigen, bei 60 Prozent sind wir noch nicht. In diesem Fall waren es weniger als 50 Prozent. Auch der Satz „Wenn ein Kino von einem Film 2 Kopien besitzt, muss man auch für beide Kopien die Gebühr bezahlen“ ist Quatsch. Bezahlt wird immer prozentual zu den Umsätzen, und „Kopien“ in dem Sinne gibt es auch nicht mehr, denn …

    – … es gibt keine physischen Filmkopien mehr. Kino ist seit mindestens fünf Jahren komplett digital, in den USA ebenso wie in Deutschland. Die Zeiten, als eine Kopie mehrere tausend Euro kostete, sind vorbei – die Herstellung einer digitalen Filmkopie inkl. Versand ins Kino kostet weniger als 50 Euro. Kein Kino bekommt aus Kostengründen einen Film nicht – wohl aber, weil der Verleih natürlich entscheidet, wer seine Filme bekommt.

    – The Hate U Give ist in Deutschland in 60 Kinos angelaufen (was sehr wenig ist, das ist nicht die Größenordnung eines Blockbusters, sondern eines kleineren Arthouse-Films). Er hatte in der Startwoche ca. 100 Besucher pro Kopie und steht aktuell bei um die 20.000 Besuchern. Das ist wenig.

    – Der Verleih hat diesen Film nicht eben sehr in den Vordergrund gestellt, vorsichtig gesagt. Das war für die ein Film, der halt so mitläuft. Ich behaupte mal, dass jedes Kino, das den Film hätte zeigen wollen, ihn mit Handkuss bekommen hätte; Vorgaben wie „nur im größten Saal“ gab es hier ganz sicher nicht.

    – Wir haben den Film in einem Arthouse-Kino eingesetzt, im Rahmen einer Reihe zum Black Cinema. Da hat er funktioniert, er wurde auch von einigen Schulen für Schulvorstellungen gebucht – aber im Abendprogramm war er eine Katastrophe. Er ist daher bei uns auch schon wieder aus dem Programm raus (läuft aber noch in einem anderen Haus in der Stadt), wir werden ihn für Schulklassen weiter anbieten.

    – Über die Qualität kann nichts sagten, da ich den Film selbst nicht gesehen habe. Die Kollegin, die unsere Veranstaltung moderiert hat, fand ihn nicht ganz gelungen, zu lang und insbesondere den Schluss (der wohl viel überdeutlich erklärt) enttäuschend.

    Sehr richtig ist natürlich Dein Fazit: Kinos spielen die Filme, die die Leute sehen wollen. Unser Markt ist in den letzten sehr viel schneller geworden, und es gibt viel, viel mehr Filme als früher. Das führt automatisch dazu, dass Filme schneller weg sind, wenn sie nicht genügend Publikum erreichen und/oder die nächsten Starts nachdrängen.

    • Hallo Matthias,
      danke für dein Kommentar! Ich freue mich immer sehr über Infos, da mich das Thema wirklich interessiert.
      Nun zu deinen Punkten:
      1. Ich habe nicht gesagt, dass der Start in 36 Kinos etwas über die Qualität aussagt. Ich habe lediglich Fakten gesammelt und versucht sie auszuwerten.
      2. Ich glaube im Beitrag ist es etwas falsch rüber gekommen, dass 15 Wochen wenig sein. Für diese Art von Film find ich es lang und 15 Wochen ist absolut normal. Natürlich gehen Blockbuster wie Avengers viel viel länger. ABer das ist eine andere Sparte.
      3. Bezüglich der Sache über die Vorgehensweise im Kino, gerade bei „The hate U Give“, dürfte ich dich da zitieren? Beziehungsweise würdest du mir dazu etwas schreiben, damit ich das noch in den Blogbeitrag editieren kann? Ich finde das sehr interessant und ich würde die Infos gerne ausweiten und präsentieren.
      Meine Mail: chaoskingdom.buecherblog@hotmail.com

      Danke für dein Kommentar!
      Liebe Grüße Vera

  4. Ein sehr schön recherchierter Beitrag, Danke! An unserer Schule ist das Buch sogar unter den Lehrern sehr beliebt. Es wurde in nahezu jedem Englisch-LK gelesen. Jetzt wartet noch der Kinobesuch mit dem Kurs auf uns…mal sehen, ob das in Berlin auch zum Problem wird.

  5. Ich bin nicht so in der Thematik drin, daher war dein Beitrag besonders interessant für mich zum Lesen.
    Ich habe das Buch gelesen und mochte es sehr, bin schon sehr gespannt auf den Film und hoffe es noch ins Kino zu schaffen. Allgemein haben kleinere Filme es oft schwer gegen die großen Blockbuster. Selbst Can you ever forgive me? lief bei mir in der Stadt nur für eine kurze Zeit & Der verlorene Sohn wird leider auch nur in wenigen Kinos gezeigt.
    Liebe Grüße
    Nadine

  6. Pingback: Bloggestöber im März | Wörter auf Reise

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